Axt als göttliches Zeichen

Geschrieben von Sabrina Porath

 

Die Axt gehört zu den Ursymbolen der Menschheit.

Als göttliches Zeichen fand sie Verehrung - war und ist im Bewusstsein der Menschen verankert.

Funde kleiner Steinäxte in Hauswänden zeigen dass sie auch in einem besonderen Verhältnis zum Wetter stand. Sie sollten wohl - wie es auch noch im 18. Jhdt. in Schweden üblich war - das Haus vor Blitzschlag schützen.

Die Skoppa Äxte von Manfred Porath, Axt Collection
Die Skoppa Äxte von Manfred Porath, Axt Collection

Interessant ist hier vor allem ein Fund aus der neolithischen Kultstätte von Troidebjerg, bei deren Ausgrabung nicht nur eine Flintaxt, eingelassen in eine der Hauswände, zu Tage trat, sondern auch eine Axt, die in einer grubenartigen Vertiefung, aufgerichtet, mit der Schneide nach oben gefunden wurde - zusammen mit einer Tonschale, welche wohl als Opfergefäß zu deuten ist.

Eine Steinaxt wurde auch bei der Freilegung der großen Halle in Haithabu gefunden, wahrscheinlich sollte auch sie die Halle vor Blitzeinschlägen schützen.

 

Überhaupt scheint dieser Zusammenhang, von Wetter und Axt, ein ganz ursprünglicher zu sein, wie ihn Kulturen und Mythen der ganzen Welt kennen. So findet sich die Axt oder Doppelaxt, in den Händen des Wettergottes Teschub bei den Hurritern und Hethitern. Zusammen mit den Blitzbündeln und seinen beiden Stieren, die den Wagen ziehen, fährt er über den Himmel. Als Wettergott steht er für die befruchtende aber auch zerstörerische Macht der Naturgewalten.

Ebenso ein in Doliche verehrter syrischer Wetter- und Kriegsgott, der dann als Jupiter Dolichenus im römischen Heer Verbreitung fand.

Römische Soldaten trugen den übernommenen Kult dann von Kleinasien bis in die Donauländer, wie u.a. ein Kaiserzeitlicher Fund aus Thüringen zeigt: Eine kleine Bronzefigur des Jupiter Dolichenus in römischer Militärtracht, mit Blitzbündel und Doppelaxt, der vermutlich auf einem Stier stand.

In Nigeria treffen wir auf den Donnergott Schango und seine Frau Oya, die beide eine Doppelaxt auf dem Kopf tragen. Öya ist eine Wassergöttln. sie ist die Fruchtbarkeitspendende ""Große Mutter", kann als Herrin der Stürme aber auch schrecklich sein, sie ist auch Göttin des Tanzes und wird auf Tanzstöcken der Yomba Frauen dargestellt.

Das Schango geweihte Tier ist der Widder und die Regenbogenschlange Oschumare bringt ihm täglich das Wasser in seinen Palast. Sein Kult verbreitete sich auch auf die Westindischen Inseln.

Des weiteren finden wir einen, in Westafrika, bei den Dahomey verehrter Donner- und Fruchtbarkeitsgott namens Xewioso, der in Widdergestatt und mit einer Donneraxt dargestellt wird. Seine Priester tragen Gewänder roter Farbe. In Ghana begegnen wir einem gütigen Schöpfer, zu dessen Altar ein dreifach gegabelter Baum, ein Gefäß und ein Steinbeil gehören.

Einen weiteren Regengott treffen wir bei den Maya, Chac (auch Wort zur Bezeichnung roter Farbe), oder Chaak, oft trägt er ein Beil in der Hand oder eine Axt in der Stirn, das ihm zugeordnete Tier ist eine Schlange.

Außerdem ist anzunehmen dass Axt, Donnerkeil, Hammer und Keule lediglich Differenzierungen eines Symbols sind, besonders wenn man die Götter- und Heldengestalten der indoeuropäischen Mythologie und ihre Taten genauer betrachtet.

Nehmen wir z.B. den litauischen Donnergott Perkunas, der mit dem ersten Frühjahrsgewitter die Erde wiedererweckt. Er fährt in einem Wagen über den Himmel und hat eine Axt, die von selber wieder zurückkehrt, wenn er sie wirft. Die Eiche ist ihm heilig. Er schützt das Recht und bekämpft die Dämonen. Oder auch Perun, ein slawischer Donnergott, der besonders in Russland Verehrung fand. Auf Darstellungen trägt er Axt oder Keule, wie bei den zu Kiew aufgestellten Götterbildern. Bei Ihm werden Eide geschworen, so berichtet es auch die Nestorchronik über die Eide der Rus. Sein Feind ist eine Schlange, oder ein Drache namens Veles.

Diese beiden weisen sehr viel Ähnlichkeit mit Thor auf, sowie diesem auch eine Verwandtschaft mit dem indischen Indra verbindet - als Regenspender mit der Wurfkeule (vajra).

 

Sie alle sind Segensspender und bekämpfen mit ihrer zerstörerischen Macht die dunklen Kräfte des Chaos und treten somit auch für Recht und Ordnung ein.

 

Die Beziehung zwischen Wetter und Fruchtbarkeit ist verständlich, schließlich hing das Überleben stets von dem ab, was die Natur an Nahrung bot, und das wiederum war abhängig von den jeweiligen klimatischen Gegebenheiten. Das dabei auch die Axt eine Rolle spielte zeigt beispielsweise ein Felsbild aus Simrislund (Schweden) auf dem ein phallischer Mann eine übermannshohe Axt in den Händen hält.

Ebenso die Darstellung einer hohen Gestalt, die eine Axt segnend über das Brautpaar hält (Hvitlycke) - als Augenblick der Vermählung - eindeutig eine sakrale Handlung mit rechtskräftiger Bedeutung, oder eine Segnung in Verbindung mit einem Fruchtbarkeitskult?

Schließlich legte man noch in jüngerer Zeit dem Brautpaar eine Axt unters Bett als Zeichen der Fruchtbarkeit, was wiederum sehr an den Brauch erinnert, Thors Hammer - Mjölnir- der Braut in den Schoss zu legen, aus eben jenen Gründen.

 

Auch einer Wöchnerin legte man die Axt unters Bett, für eine leichte Geburt - während sich nach der Einführung des Christentums im Norden, schwangere Frauen häufig mit der kleinen Axt aus der Hand einer Statue des St. Olaf, über den Bauch strichen, um eine leichte Geburt zu erwirken. ( Diese Äxte waren vielfach herausnehmbar und fanden in verschiedenen kultischen Handlungen Verwendung.)

 

 

Nordische Kreise von Manfred Porath, Axt Collection
Nordische Kreise von Manfred Porath, Axt Collection

Eine Besonderheit der Nordischen Bronzezeit ist das paarweise Auftreten von Zeremonialäxten, wie Z.B. die Darstellung eines Kultaxtpaares im Grab von Kivik ( Schweden ). Ebenso archäologische Funde von Axtpaaren aus dünnen Bronzeblech in Schweden, Schonen und Jütland. Diese waren mit Bernstein und Gold verziert und eindeutig nicht für den praktischen Gebrauch gedacht. Interessant ist auch ein Fund aus Grevens Vaenge, der aus einem Bronzefigurenpaar mit Hörnerhelm besteht (von dem leider nur noch eine erhalten ist), bei der jede Person jeweils eine Axt des bronzezeitlichen Typs in Händen hält.

 

 

 

 

Minoische Doppelaxt mit Kultknoten aus der Axt Collection
Minoische Doppelaxt mit Kultknoten aus der Axt Collection

Auch in einer der ersten Hochkulturen Europas spielte die Axt - hier die Doppelaxt - eine bedeutende Rolle : in Kreta. Ob sie hier stellvertretend für eine Gottheit stand, oder mehr das Symbol der minoischen Religion schlechthin war ( so wie Z.B. das Kreuz im Christentum oder der Halbmond im Islam), bleibt Spekulationen überlassen.

Das die Doppelaxt aber göttliches Zeichen war, zeigen die künstlerisch so einmaligen Wandfresken von Priesterinnen und Doppeläxten, wie z.B. an den Wänden eines Sarkophags in Hagia Triada oder in Knossos. Überall auf Kreta begegnet man ihr, auf Siegeln, Wänden,

Sarkophagen, Kleidern und Gefäßen. Auch auf den Palastmauern von Knossos, die umso mehr den Eindruck vermitteln, der ganze Palast sei von der Anwesenheit des Göttlichen durchdrungen.

 

Hier fand Evans bei seinen Ausgrabungen auch den berühmten "Schrein der Doppeläxte". Neben Doppeläxten und Stierhörnen enthielt er auch eine kleine Steinaxt und kunstvolle Figuren von Göttinnen.

 

Die Kreuz Axt von Manfred Porath, Axt Collection
Die Kreuz Axt von Manfred Porath, Axt Collection

Im Norden treten außerdem, in verschiedenen Szenen bronzezeitlicher Felszeichnungen, häufig Götter mit der Sonnenscheibe in der einen Hand, und einer Axt oder einem Hammer, in der anderen Hand auf. Ebenso, wie es seit dem Neolithikum Äxte aus Stein, Bein oder Bernstein gibt, deren Strahlenornamentik, oder das Vorkommen eines Strahlenkreises auf eine Beziehung zu einer Sonnen- oder zumindest einer Himmelsgottheit hinweisen (wie z.B. ein Exemplar ausAlvastra, Ostergötland).

Besonders häufig findet man Kreise, Sonnenrad und Lebensbaum, welches bei den Wikingern weitere Ausschmückungen erfuhr und dann im Zuge der Christianisierung, mit christlichen Inhalt versehen, zu den prunkvolfsten Äxten mit rechtssymbolisch- zeremoniellen Charakter wurden. Äxte solcher Art sind Z.B. die Kreuzaxt von Närke (Schweden) oder eine Prunkaxt von Simbrisk, die ein sog. "Lebendes Kreuz" trägt - am Fuße des aus Silber bestehenden Kreuzes winden sich zwei Ranken aufwärts, die am Ende eine Schlaufe mit einer Knospe bilden. Mit solchen Äxten gingen Rechtsgänge einher und auf ihnen wurden Eide geschworen, denn "der Schwur, die Handauflegung auf das Kreuz der Axt, trug an sich schon religiösen Charakter, da bei der Gottheit oder dem Heiligen geschworen wurde. In diesem Augenblick vertrat die Axt symbolisch die Gottheit und war zugleich Rächer des gebrochenen Eides." (P. Paulsen)

 

Auf Äxten elngeschtagene Zeichen wie Sonnenrad, Lebensbaum,  Kreis, Raute und Vierpass findet man noch auf Arbeitsäxten bis ins 19. Jhdts.

Parallel zur göttlichen Verehrung der Axt treten auch seit der jüngeren Steinzeit Anhänger aus Stein, Bein und Bernstein auf. Später kommen dann auch solche aus Metall hinzu, wie in Bronze, Silber und Gold. Dass diese Anhänger nicht nur als Schmuckstücke, sondern auch mit dem Wissen einer religiös- magischen Bedeutung getragen wurden, zeigen u.a. die auch hier verwendeten Sonnen- bzw. Blitzsymbole.

Religiösen Charakter trägt auch eine besonders schöne, in Gold gearbeitete und mit geometrischen Ornamenten verzierte, Doppelaxt aus Kreta.

Auch in der Antike wurden Äxte als Amulette getragen und in Rom wurden beispielsweise Söhnen kleine Beile mit dem Namen der Mutter umgehängt.

 

Doch besonders bei den Wikingern tauchen derart schön und aufwendig verzierte Kleinäxte auf, dass sie den gefundenen Prunkäxten in nichts nachstehen.

 

 

 

Literaturverzeichnis:

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Eckrich. Lorenz :Der Goldene Hut von Schifferstadt, in "Beiträge zur Ortsgeschichte". Hrsg. : Verein für Heimatpflege Schifferstadt e. V.. 1976

Paulsen, P. : Axt und Kreuz in Nord- und Osteuropa. 2. Auflage Rudolf Habelt Verlag Bonn 1956

Lurker, M.(Hrsg.): Lexikon der Götter und Dämonen. 2. Auflage Alfred Kröner Verlag Stuttgart 1989

Lurker, M. (Hrsg.): Wörterbuch der Symbolik. 5. Auflage. Alfred Kröner Vertag Bonn 1991

Kossina, G. : Die deutsche Vorgeschichte. 8. Auflage. Leipzig 1941

Reinthaler, G. : Eingeschlagene Symbole auf Äxten und anderen Schmiedeerzeugnissen. 2001

Ausstellungskatalog des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg : Gold und Kult der Bronzezeit. 2003

 

Kibbert, K. : Die Äxte und Beile Im mittleren Westdeutschland

Prähistorische Bronzefunde Abteilung IX 10. Band. C. H. Beck'scheVerlagsbuchhandlung, München 1980

Taladoire / Courau : Die Maya. Primus Verlag Darmstadt 2005

Metier, H. (Hrsg.): Der geschmiedete Himmel. Konrad Theiss VerlagGmbH Stuttgart 2004

Nationalmuseum, Kopenhagen/ Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn/ Reunion des Musees Nationaux,

Paris/Association Francaise d'ActionArtistique, Paris/ Hellenic Ministry of Culture, Athen (Hrsg.) : Götter und Heiden der Bronzezeit 1999

Bächtold - Stäubti, H. (Hrsg.) : Handbuch des deutschen Aberglaubens. Weltbild 2005

Siebenmorgen, H. (Hrsg.): Im Labyrinth des Minos. Veröffentlichung des Badischen Landesmuseums Karlsruhe

Biering & Brinkmann. München 2000



Zitate von Paulsen mit freundlicher Genehmigung  des R. Habelt Verlags, Bonn

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